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Zusammenfassung

  1. eine vollständige Definition des „Ebenbildes“ sollte in den spezifisch menschlichen Fähigkeiten gesucht werden, und besonders in denen, die durch Christus im Menschen wiederhergestellt worden sind.
    1. Durch Adams Abfall wurde Gottes Ebenbild nicht völlig zerstört, sondern schrecklich entstellt.
    2. daher kehren wir zu dem in Christus erneuerten Menschen
  2. Aspekte dieser Erneuerung nach Paulus
    1. Erkenntnis
    2. rechtschaffende Gerechtigkeit und Heiligkeit
  3. Gottes Ebenbild bestand in der Vollkommenheit der menschlichen Natur, die vor dem Fall in Adam strahlte, wurde jedoch später so verdorben und fast ausgelöscht, dass nichts mehr seit dem Verderben bleibt, ausser dem, was verwirrt, verstümmelt oder krank ist. Daher erscheint es teilweise in den Erwählten, insofern sie im Geist wiedergeboren wurden; die vollkommene Pracht wird aber erst im Himmel wiederhergestellt.
  4. um Teile dieses Ebenbildes zu erkennen, müssen wir die Fähigkeiten der Seelen besprechen.

Text

Indessen scheint mir die Beschreibung des Ebenbildes doch noch unvoll­kommen zu sein, wenn nicht noch klarer hervortritt, was das denn für Anlagen sind, durch die der Mensch sich auszeichnet und in denen man einen Spiegel der Herrlichkeit Gottes erkennen muß. Das kann man aber am besten aus der Wieder­herstellung der verderbten Natur erkennen. Denn Adam ist unzweifelhaft mit seinem Abfall von Gott entfremdet worden. Selbst wenn wir also zugeben, das Ebenbild Gottes sei in ihm nicht ganz erloschen oder zerstört worden, so war es doch derart verderbt, daß alles etwa übrigbleibende nur grausige Entstellung war! wenn wir also das Heil wiedergewinnen, so beginnt das mit der Erneuerung, die wir durch Christus empfangen, der ja auch aus dem Grunde der zweite Adam heißt, weil er uns zu wahrer und bleibender Unschuld zurückbringt. Freilich stellt Paulus den lebendigmachenden Geist, den Christus den Gläubigen zuteil werden läßt, der „lebendigen Seele“ gegenüber, zu welcher Adam geschaffen wurde (1. Kor. 15,45). Er zeigt damit, daß in der Wiedergeburt ein reicheres Maß der Gnade liegt; aber er hebt damit doch nicht den zweiten Hauptpunkt auf, nämlich daß der Zweck der Wiedergeburt darin besteht, daß uns Christus zum Ebenbild Gottes er­neuere. Deshalb spricht er an anderer Stelle auch aus, der neue Mensch werde ge­mäß dem Ebenbilde dessen erneuert, der ihn geschaffen hat (Kol. 3,10). Dem ent­spricht auch die Forderung: „Ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist“ (Eph. 4,24). Jetzt wollen wir zusehen, was Paulus vornehmlich unter dieser Erneuerung versteht.

An erster Stelle nennt er die Erkenntnis, an zweiter die rechtschaffene Gerechtigkeit und Heiligkeit. Daraus ergibt sich nun, daß im Anfang das Ebenbild Gottes in der Erleuchtung des Geistes, in der Aufrichtigkeit des Her­zens und in der Vollkommenheit des ganzen Menschen zu erblicken war. Dabei gebe ich zu, daß Paulus hier andeutend redet; aber der Grundsatz kann doch nicht umge­stoßen werden: was in der Erneuerung des Ebenbildes Gottes an erster Stelle steht, das muß auch in der Schöpfung selbst das wesentlichste gewesen sein. Dahin gehört auch der Satz: „Nun aber spiegelt sich in uns allen des Herrn Klarheit mit aufge­decktem Angesicht, und wir werden verklärt in dasselbe Bild …“ (2. Kor. 3,18). Daraus können wir sehen: Christus ist das vollkommenste Ebenbild Gottes, ihm sollen wir gleichgestaltet und dadurch derart erneuert werden, daß wir in wahrer Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Reinheit und Erkenntnis das Ebenbild Gottes tragen. Stellt man das fest, so ist es mit jener Phantasterei des Osiander vom Urbild des Leibes von selbst vorbei. Die Stelle bei Paulus aber, in welcher allein der Mann Ebenbild und Abglanz Gottes heißt und die Frau von dieser Würde und Ehre ausge­schlofssen wird (1. Kor. 11,7), bezieht sich nach dem Zusammenhang offenbar auf die bürgerliche Ordnung (ad ordinem politicum). Daß nun unter dem Ebenbilde, das wir erwähnten, alles zu begreifen ist, was sich auf das geistliche, ewige Leben bezieht, das glaube ich ausreichend gezeigt zu haben. Auch Johannes bezeugt es mit anderen Worten, wenn er sagt, das Leben, das im Anfang im ewigen Worte war, sei das Licht der Menschen gewesen (Joh. 1,4). Denn er hat die Absicht, die einzigartige Gnade Gottes zu rühmen, die den Menschen gegenüber allen sonstigen Lebewesen auszeichnet, und ihn so von allem Gemeinen abzusondern, weil er ja nicht bloß das gewöhnliche Leben erlangt hat, sondern noch dazu das Licht der Erkenntnis; und da­mit zeigt er zugleich, wieso denn der Mensch zum Ebenbilde Gottes geschaffen wor­den ist. Das Ebenbild Gottes ist also die ursprünglich hervorragende Stellung der menschlichen Natur, die in Adam vor dem Fall hell erstrahlte, danach aber derart verderbt, ja schier zerstört worden ist, daß aus dem Untergang nur noch Verworrenes, Verstümmeltes und Beflecktes übriggeblieben ist. Eben dieses Ebenbild wird jetzt in den Erwählten, sofern sie aus dem Geiste wiedergeboren sind, teilweise wieder sichtbar, seinen vollen Glanz aber wird es im Himmel bekommen!

Um recht zu erfahren, in welchen Stücken dies Ebenbild Gottes besteht, müssen wir von den Fähigkeiten der Seele reden. Denn Augustins gedankenspielerische Mei­nung, die Seele sei ein Spiegel der Dreieinigkeit, weil in ihr Verstand, Wille und Gedächtnis wohnten, ist ohne Bestand (Von der Dreieinigkeit, Buch 10; Vom Gottes­staat, Buch 11). Ebensowenig Zustimmung kann die Meinung finden, das Bild Gottes bestehe in der dem Menschen übertragenen Herrschergewalt, als ob nur dies Merk­mal eine Ähnlichkeit mit Gott enthalte, daß der Mensch zum Erben und Besitzer aller Dinge eingesetzt ist. Denn Gottes Bild muß doch in und bei, nicht aber außer dem Menschen gesucht werden, ja, es ist ein innerlicher Schatz der Seele.

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This entry was posted on Montag, Januar 18th, 2010 at 01:00 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 15, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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