Archive for the ‘Buch 1 Kapitel 10’ Category

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Zusammenfassung

  1. Die Bibel verwirft alle Gottesvorstellungen der Heiden
  2. Polytheisten (die an eine Vielzahl von Göttern glauben) haben das Bewusstsein, dass es EINEN Gott gibt, nicht vollständig verloren
    1. daher ist ihr Verharren in der Vielgötterei nur Beweis für ihre Eitelkeit und Satans Verblendung, und ist somit unentschuldbar
    2. alle, von den einfachsten Naturreligionen hin zum Gottesverständnis der grössten Philosophen, haben die Wahrheit Gottes verfälscht

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Hier wollen wir aber den Hauptinhalt der ganzen Lehre zusammenfassen. Zuerst möge deshalb der Leser erkennen, daß die Schrift, um uns zu dem wahren Gott zu leiten, alle Götter der Heiden ausdrücklich verwirft und ausschließt, weil fast zu allen Zeiten die wahre Religion verfälscht worden ist. Zwar war der Name des einen Gottes überall bekannt und gerühmt. Denn wenn die, welche einen ganzen Schwärm von Göttern verehrten, aus ursprünglichem natürlichem Empfinden her­aus redeten, so brauchten auch sie einfach den Namen „Gott“, als ob sie mit einem einzigen Gott zufrieden wären. Das hat Justin der Märtyrer fein bemerkt, der sein Buch „Von der Alleinherrschaft Gottes“ zu dem Zweck verfaßt hat, aus zahlreichen Zeugnissen zu erweisen, daß die Einheit Gottes allen Menschen ins Herz gegraben ist. Auch Tertullian zeigt das aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Aber da alle Menschen ohne Ausnahme in ihrer Eitelkeit zu falschen Erdichtungen sich verleiten ließen und auf solche Weise ihr Erkennen verfinsterten, so brachte alles das, was sie von Natur an Kunde von dem einzigen Gott besaßen, nur zuwege, daß sie un­entschuldbar waren. Denn auch die Weisesten unter ihnen verraten deutlich, wie eitel und töricht ihre Gedanken sind, wenn sie nach der Hilfe irgendeines Gottes ausschauen und dann ungewisse Götter anrufen. Auch haben sie sich verschiedenerlei Wesensformen (Naturen) Gottes erdacht, und wenn sie auch weniger abgeschmackt als das rohe Volk von Jupiter, Merkur, Venus, Minerva und den anderen Göttern redeten, so waren auch sie vor den Täuschungen des Satans keineswegs geschützt, und wir haben ja an anderer Stelle bereits gezeigt: was sich die Philosophen in ihrer Spitzfindigkeit auch für Ausflüchte ersonnen haben, so können sie doch den Vorwurf des Abfalls nicht von sich abwaschen, weil sie alle Gottes Wahrheit ver­derbt haben. Deshalb fordert Habakuk, nachdem er alle Götzen verdammt hat, auf, Gott in seinem Tempel zu suchen (Hab. 2,20), damit die Gläubigen keinen Gott annähmen als den, der sich in seinem Worte geoffenbart hat.

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Zusammenfassung

  1. die Bibel präsentiert uns Gott nicht wie er an sich ist, sondern wie er zu uns ist: die Freundlichkeit, Güte, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes
    1. 2. Mose 34:6-7
    2. Psalm 145
    3. Jeremias 9:24 (1. Korinther 1:31)
  2. der Zweck dieses biblischen Wissen über Gott ist: Ehrfurcht → Vertrauen → wahrhaftige Verehrung → vollständige Abhängigkeit von ihm

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 An gewissen Stellen finden sich besonders deutliche Beschreibungen, in welchen uns sein Antlitz wie in einem Bilde lebendig entgegentritt. Mose beschreibt es, und er scheint dabei kurz haben zusammenfassen zu wollen, was wir Menschen von Gott wissen sollen. „Herr, Herr, Gott“, sagt er, „barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der da bewahrt Gnade in tausend Glieder und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, vor welchem niemand unschuldig ist; der die Missetaten der Väter heimsucht auf Kinder und Kindeskinder …“ (Ex. 34,6f.; Calvin zitiert in der zweiten Person). Hier wird seine Ewig­keit und sein in sich selbst bestehendes Wesen (autousia) dadurch verkündigt, daß der herrliche Name zweimal wiederholt wird. Dann werden seine Tugenden auf­gezählt, die ihn uns beschreiben — nicht wie er an sich selber ist, sondern wie er sich zu uns stellt, so daß seine Erkenntnis in lebendiger Empfindung und nicht in leerer und hochfliegender Spekulation besteht. Wir hören: hier werden die Tugen­den aufgezählt, die uns, wie wir bereits bemerkten, von Himmel und Erde her entgegenstrahlen: Freundlichkeit, Güte, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Gericht, Wahrheit. Denn Kraft und Macht (die hier nicht erwähnt sind) werden unter dem Gottesnamen „Elohim“ (Gott) zusammengefaßt.

Mit den gleichen Benennungen bezeichnen ihn auch die Propheten, wenn sie seinen heiligen Namen recht verherrlichen wollen. Um nicht viele Stellen anführen zu müssen, wollen wir uns vorderhand mit der Nennung eines einzigen Psalms begnügen, in welchem seine Tugenden so vollkommen aufgeführt werden, daß nichts ausgelassen scheint: Psalm 145. Und trotzdem: hier wird nichts genannt, was nicht auch an der Kreatur erschaut werden könnte! So lernen wir unter Anleitung der Erfahrung Gott als denselben kennen, als der er sich uns im Worte offenbart. An einer Stelle bei Jeremia, wo er kundmacht, wie er von uns erkannt werden will, gibt er zwar keine ebenso vollständige, aber in der Sache ganz übereinstimmende Beschreibung: „Wer sich rühmt, der rühme sich des, daß er mich kenne und wisse, daß ich der Herr bin, der ich Barmherzigkeit, Gericht und Gerechtigkeit übe auf Erden“ (Jer. 9,23). Diese drei sind uns vornehmlich zu wissen nötig: seine Barm­herzigkeit, auf der allein unser Heil beruht, sein Gericht, das er alle Tage gegen die Frevler übt und für die Zukunft als ein ewiges Verderben in Aussicht stellt, und seine Gerechtigkeit, in der er die Gläubigen erhält und mit Güte segnet. Wer diese Stücke erfaßt hat, der hat nach diesem Zeugnis der Schrift genug, um sich Gottes rühmen zu können! Dabei wird jedoch seine Wahrheit, seine Macht, seine Heiligkeit, seine Güte keineswegs übergangen. Wie sollte denn das Wissen um seine Gerechtigkeit, seine Barmherzigkeit und sein Gericht, wie es hier erfordert wird, bestehen können, wenn es nicht auf seiner unbeweglichen Wahrheit beruhte? Und wie sollte man glauben, daß die Erde von seinem Gericht und seiner Gerechtig­keit gelenkt wird, wenn man nicht seine Kraft kennt? Woher kommt denn die Barmherzigkeit anders, als aus der Güte? Wenn endlich alle seine Wege Barmher­zigkeit, Gericht und Gerechtigkeit sind, so wird darin auch seine Heiligkeit offenbar. Übrigens ist die Erkenntnis Gottes, die uns in der Schrift vor Augen gestellt wird, auf keinen anderen Zielpunkt ausgerichtet als diejenige, deren Spuren uns aus der Kreatur entgegenleuchten. Wir werden nämlich erstlich zur Gottesfurcht und dann weiter zum Gottvertrauen angeleitet, um ihn mit vollkommener Unschuld des Lebens und nicht mit erheucheltem Gehorsam verehren zu lernen und ganz an seiner Güte zu hangen!

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Zusammenfassung

  1. Ist das Wissen über Gott, wie wir es in der Schöpfung sehen, in Übereinstimmung mit der Lehre, die wir in der Bibel finden?
    1. Diese Frage ist zu lang für eine ausführliche Diskussion an dieser Stelle
    2. Ziel dieses Abschnittes ist Hinweise zu geben, was wir in der Schrift suchen sollen und wie wir es finden können
  2. Begrenzung der gegenwärtigen Diskussion
    1. der Bund mit Israel, welcher mit dem Kommen Christi vollendet wurde, wird hier nicht behandelt
    2. vielmehr behandelt Calvin die Bibelstellen, die beschreiben, wie Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, die Welt regiert – seine Güte, seine gerechte Vergeltung und seine Geduld werden behandelt

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Bisher haben wir gelehrt, daß sich die Kunde von Gott, die uns im Welt­gebäude und in aller Kreatur nicht undeutlich entgegentritt, doch vertrauter und auch klarer im Worte erschließt. So müssen wir jetzt erwägen, ob der Herr sich uns in der Schrift ebenso darstellt, wie wir ihn zuvor in seinen Werken abgeprägt sahen. Das wäre freilich ein reicher Stoff, wenn man ihn genau behandeln wollte. Aber ich will mich damit begnügen, einen Fingerzeig zu geben. So können fromme Men­schen erfahren, was man in der Schrift als wichtigste Lehre von Gott suchen soll, und auf diese Weise zu einem klaren Richtpunkt (scopus) für ihre Nachforschung kommen. Ich rede noch nicht von dem besonderen Bund, durch den Gott Abrahams Geschlecht über die übrigen Völker erhob. Denn indem er solche, die zuvor Feinde waren, durch gnädige Erwählung als seine Kinder annahm, erschien er schon damals als Erlöser. Wir haben es dagegen vorerst noch mit der Kunde zu tun, die sich auf die Schöpfung der Welt beschränkt und sich noch nicht zu Christus dem Mittler erhebt. Freilich muß ich gleich einige Stellen aus dem Neuen Testament anführen; denn auch dort wird die Macht Gottes des Schöpfers und seine Vorsehung bei der Erhaltung der ersten Schöpfung bezeugt. Aber ich muß doch die Leser daran er­innern, was ich hier behandeln möchte, damit sie nicht über die gesetzte Grenze hinausgehen. Für jetzt soll es uns genügen, zu betrachten, wie Gott, der Schöpfer Himmels und der Erden, die von ihm geschaffene Welt regiert. Mitunter wird aber auch seine väterliche Güte und seine Bereitwilligkeit zum Wohltun gerühmt, es werden auch Beispiele seiner Strenge überliefert, die ihn als gerechten Vergelter des Frevels darstellen, besonders wo seine Langmut gegen Verhärtete nicht mehr hilft.