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Zusammenfassung:

  1. Die Gotteserkenntnis ist allgemeingültig
    1. ist in allen Menschen durch den natürlichen Instinkt gegeben
    2. macht das Verfehlen der Gottesverehrung unentschuldbar
    3. findet sich selbst bei den barbarischsten Völkern
    4. gab es bei allen Menschen aller Zeitepochen
  2. Götzendienst ist ein Beweis der Allgemeingültigkeit
    1. Kein Mensch erniedrigt sich freiwillig vor etwas
    2. Die Verehrung von Statuen aus Holz und Stein ist daher Beweis des intensiven und unauslöschlichen Eindruckes des Göttlichen

Text:

Daß der menschliche Geist durch natürliches Ahnvermögen eine Art Empfindung für die Gottheit besitzt, steht für uns außer allem Streit. Denn Gott selbst hat allen Menschen eine Kenntnis seiner Gottheit zu eigen gemacht, damit ja niemand den Vorwand der Unwissenheit als Entschuldigung anführe. Diese Kenntnis frischt er stets auf und benetzt sie mit neuen Tröpflein. Und wenn die Menschen doch alle miteinander darum wissen, daß ein Gott sei und daß er ihr Schöpfer ist, so sollen sie sich durch ihr eigenes Zeugnis verdammen, weil sie ihm keinen Dienst erweisen und seinem Willen ihr Leben nicht zum Opfer darbringen. Sollte irgendwo solches Wissen um Gott nicht vorhanden sein, so könnte das am ehesten noch unter den wildesten Völkern vor­kommen, die von der menschlichen Gesittung am weitesten entfernt sind. Aber, wie schon ein heidnischer Denker sagt: kein Volk ist so barbarisch, kein Stamm so ver­wildert, daß nicht die Überzeugung fest eingewurzelt wäre: es ist ein Gott. (Cicero, De natura Deorum, I,16,43). Völker, die sich in ihrem sonstigen Lebensstande kaum von den Tieren abzuheben scheinen, behalten doch stets wenigstens eine Art Keim der Religion (semen religionis). So sehr hat jene gemeinsame Ahnung alle Herzen durch­drungen, so fest wurzelt sie in allen Gemütern. Da also feit Anbeginn der Welt kein Gebiet, keine Stadt, ja nicht ein Haus war, das der Religion entbehren konnte, so liegt in dieser Tatsache ein stillschweigendes Eingeständnis, daß in alle Herzen ein Empfinden um die Gottheit eingeschrieben ist.

Selbst der Götzendienst ist ein vielsagender Beweis für die damit empfangene Anlage (conceptio). Wir wissen nämlich, wie ungern sich der Mensch erniedrigt und andere Geschöpfe über sich stellt. Wenn er nun aber lieber ein Stück Holz oder einen Stein anbetet, als den Anschein zu erwecken, er habe keinen Gott, so ist offenbar der Eindruck vom Dasein der Gottheit von derartiger Wucht, daß es leichter ist, den natürlichen Trieb zu brechen, als diesen Eindruck aus der Seele zu reißen. Es kommt ja tatsächlich vor, daß der natürliche Trieb zerbricht, nämlich wenn ein Mensch sich von seinem angeborenen Hochmut freiwillig unter widerwärtigste Dinge erniedrigt, nur um einen Gott zu verehren.

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This entry was posted on Samstag, September 5th, 2009 at 01:00 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 03, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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