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Zusammenfassung

  1. Den Menschen nennt man einen Mikrokosmos, er ist ein seltenes Beispiel für Gottes Kraft, Güte und Weisheit
  2. da wir nicht einmal aus uns selbst gehen müssen, um Gott zu finden, haben wir umso weniger eine Entschuldigung
  3. sowohl die Bibel wie auch heidnische Schriftsteller erklären Gottes Vaterschaft aller Menschen, dessen Geschöpfe seine grossen Kunstfertigkeit zeigen; es muss uns daher ein Bedürfnis sein, ihn im Gegenzug zu lieben und zu verehren

Text

Nicht ohne Grund hat deshalb einst ein Philosoph den Menschen einen „Mikro­kosmos“ (eine Welt im Kleinen) genannt, weil er ein ausnehmender Beweis der Macht, Güte und Weisheit Gottes sei und unseren Geist mit soviel Wundern fesseln müßte, wenn wir nicht zu träge zum Aufmerken wären. Aus diesem Grunde fügt Paulus der Feststellung, daß Gott auch von Blinden zu greifen sei, alsbald hinzu, mau brauche ihn nicht in der Ferne zu suchen (Apg. 17,27), weil doch jeder einzelne die himmlische Gnade, von der er lebt, innerlich ohne Zweifel empfindet. Ist es aber, damit wir Gott ergreifen, gar nicht nötig, aus uns selbst hinauszugehen, wie soll dann die Faulheit solcher Leute beschönigt werden, die sich nicht einmal die Mühe machen, in sich selbst hineinzuschauen, um Gott zu suchen? Das ist der Grund, wes­halb David, nachdem er in Kürze Gottes herrlichen Namen und seine überall uns entgegenstrahlende Größe gepriesen hat, gleich ausruft: „Was ist der Mensch, daß du sein gedenkest?“ (Ps. 8,5) und: „Aus dem Munde der jungen Kinder und Säug­linge hast du eine Macht zugerichtet!“ (Ps. 8,3). Damit spricht er aus: es besteht nicht nur sonst im Menschengeschlecht ein klarer Spiegel der Werke Gottes, sondern selbst die Kindlein, die an der Mutter Brust hängen, haben geschickte Zungen, seinen Ruhm zu verkünden, so daß es anderer Redner nicht bedarf! So führt er ohne Zögern selbst der Kindlein Mund in den Kampf, als sattsam gerüstet, um deren Unsinnigkeit zu bestreiten, die in ihrer teuflischen Hoffart Gottes Namen auslöschen möchten! Da­her auch jenes Wort, das Paulus aus Aratus zitiert: „Wir sind seines Geschlechts“ (Apg. 17,28); denn wenn Gott uns mit solchen Vorzügen ziert, so hat er sich damit als unser Vater bezeugt. Aus dem allgemeinen Empfinden und gleichsam auf Ein­gebung der Erfahrung haben so auch heidnische Dichter Gott den „Vater der Men­schen“ genannt. Und es wird sich niemand Gott aus freien Stücken und willig in Gehorsam unterwerfen, der nicht seine väterliche Liebe geschmeckt hat und dadurch gereizt wurde, ihn zu lieben und ihm zu dienen.

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This entry was posted on Mittwoch, September 23rd, 2009 at 01:00 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 05, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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