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Zusammenfassung

  1. Servet belebte die abwegige manichäische Vorstellung wieder, dass die Seele des Menschen ein Teil der Gottheit sei; dies ist abzulehnen durch die Tatsache der sündhaften menschlichen Natur und durch die Einheit des Wesens Gottes
  2. Osiander glaubte, dass das Ebenbild Gottes im Menschen in der Gegenwart Gottes wesentlicher Gerechtigkeit bestand, dies ist auch blosser Manichäismus
  3. Paulus lehrte, dass die Seele des Menschen nicht in seinem Wesen Gott ähnlich sei, sondern durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Text

Bevor ich weitergehe, muß ich aber noch gegen den Wahnwitz der Manichäer angehen, den heutzutage Servet wieder zu erneuern versucht hat. Wenn es da heißt, Gott habe dem Menschen einen lebendigen Odem in seine Nase gehaucht (Gen. 2,7), so meinten sie, die Seele sei ein Ausfluß des Grundwesens Gottes, als ob also ein Teil der unermeßlichen Gottheit auf den Menschen übergegangen sei! Es läßt sich nun aber leicht darlegen, was für grobe und schändliche Widersinnigkeiten dieser teuflische Irrtum mit sich bringt. Denn wenn die Seele des Menschen ein Ausfluß aus Gottes Wesen ist, so folgt, daß Gottes Natur der Veränderlichkeit und gar der Leidenschaft unterworfen ist, ja sogar der Unwissenheit, niedrigen Begierden, der Schwäche und allen Lastern! Denn es ist doch nichts unbeständiger als der Mensch, weil die widerstrebenden Regungen seine Seele hin und her bewegen und in der ver­schiedensten Weise auseinanderzerren. Oft täuscht ihn Unwissenheit, selbst den ge­ringsten Anfechtungen unterliegt er, ja wir wissen, daß die Seele selbst ein Sumpf und eine Herberge alles Schmutzes ist. Und das alles müßte man der Natur Gottes zuschreiben, wenn man annehmen wollte, die Seele stamme aus Gottes Wesen oder sei ein verborgener Ausfluß der Gottheit! Wer sollte sich bei einer solchen Un­geheuerlichkeit nicht entsetzen! Zwar sagt uns Paulus mit Recht nach Aratus, wir seien „seines Geschlechts“ (Apg. 17,28). Aber doch nicht etwa im Wesen, sondern nach der Beschaffenheit — eben sofern uns Gott mit göttlichen Gaben geziert hat! Auch ist es ja ausbündiger Unsinn, des Schöpfers Wesen zu zerstückeln, daß jeder ei­nen Teil besitze! Es muß also festgestellt werden: obwohl Gottes Ebenbild der Seele eingeprägt ist, so ist sie doch geschaffen, ebenso wie die Engel. Schöpfung aber ist nicht Ausfluß (göttlichen Wesens), sondern Anfang eines Wesens aus dem Nichts. Auch wenn der Geist von Gott gegeben ist und, nachdem er aus dem Fleische ausge­wandert, zu ihm zurückkehrt, so kann man doch keineswegs gleich sagen, er sei aus Gottes Grundwesen (substantia) entnommen. Auch in diesem Stück ist Osiander über all seinen Träumereien auf den gottlosen Irrtum verfallen, Gottes Ebenbild im Menschen nicht ohne die wesenhafte Gerechtigkeit (sine essentiali justitia) anzuerkennen, — als ob uns Gott in der unermeßlichen Kraft seines Geistes nur dann sich gleichförmig machen könnte, wenn Christus wesenhaft in uns überginge! Mögen nun einige Leute dieses Blendwerk auch noch so schon färben, — sie werden doch die Augen verständiger Leser nie so verblenden, daß sie etwa den manichäischen Irrtum nicht herausmerkten. Auch wo Paulus von der Erneuerung des Ebenbildes redet, da zeigen seine Worte deutlich, daß der Mensch nicht durch Überfließen des Grundwe­sens (der „Substanz“), sondern durch die Gnade und Kraft des Geistes Gott gleichgestaltet wird. Denn er sagt, daß wir, indem wir Christi Herrlichkeit anschauen, gleichwie vom Geiste des Herrn in dasselbe Bild verwandelt werden (2. Kor. 3,18). Und dieser Geist wirkt gewiß so in uns, daß er uns nicht etwa mit Gott gleichen Wesens macht!

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This entry was posted on Dienstag, Januar 19th, 2010 at 01:00 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 15, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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