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Zusammenfassung

  1. solche direkten Offenbarungen der göttlichen Gegenwart, wie sie sich im Alten Testament finden, beabsichtigen, die menschliche Neugier zu zähmen, Gottes Unsichtbarkeit zu lehren und Gottes künftige Offenbarung in Christus anzukündigen
  2. der Cherubim des Gnadenstuhles gehört zur Pädagogik des Alten Bundes und hat keinen Platz in der Geistlichkeit des fortgeschrittenen Zeitalters
  3. Juvenal (röm. Dichter des 1. und 2. Jahrhunderts), ein Heide, hat mehr Verstand als die Papisten (Katholiken) (welche Bildnisse auf Grund des Alten Testaments gutheissen), als er die Juden rügte, dass sie blosse Wolken und die Gottheit des Himmelkörpers verehren würden
  4. wir müssen unseren eigenen Hang zum Götzendienst erkennen; ein allgemeines Laster, dass sich nicht auf die Juden beschränkt

Text

 

Nun hat gewiß Gott zuweilen seine heilige Gegenwart so enthüllt, daß es heißt, er sei „von Angesicht zu Angesicht“ gesehen worden. Aber alle Zeichen, die er je gewährte, waren ganz dazu angetan, das Volk zu belehren, und gemahnten die Men­schen zugleich deutlich an die Unbegreiflichkeit seines Wesens. Denn es traten Wolken und Flammen auf und legten, obwohl sie Merkzeichen seiner himmlischen Herrlichkeit sind, zugleich aller Zudringlichkeit den Zaum an, um die Menschen an jedem Versuch zu hindern, höher vorzustoßen (Deut. 4,11). Deshalb ist nicht einmal dem Mose, dem sich Gott doch vertrauter zeigte als allen anderen, auf seine Bitten hin gewährt worden, sein Angesicht zu schauen; vielmehr empfing er die Antwort, solchen Glanz könne kein Mensch ertragen (Ex. 33,20). Gewiß erschien der Heilige Geist in Gestalt einer Taube (Matth. 3,16). Aber er verschwand doch gleich wieder, und so handelt es sich bei seiner Erscheinung offenbar um ein flüchtiges Merk­zeichen, durch das die Gläubigen ermahnt werden sollen, an den Heiligen Geist als den Unsichtbaren zu glauben, damit sie, mit seiner Kraft und Gnade zufrieden, sich keine äußere Darstellung erdenken möchten. Daß Gott zuweilen in Menschengestalt erschien, das war das Vorspiel der künftigen Offenbarung in Christus. Dies durften also die Juden keinesfalls als Vorwand mißbrauchen, um sich ein Zeichen der Gott­heit unter Menschengestalt zu machen. Auch der „Gnadenstuhl“, von dem aus sich Gott zur Zeit des Gesetzes wirksam gegenwärtig erwies, war so gestaltet, daß er andeutete, das beste Anschauen der Gottheit sei, wenn sich die Seelen in Bewun­derung über sich erheben. Bedeckten ihn doch die Cherubim mit ausgebreiteten Flügeln, verdeckte ihn doch der Vorhang — ja, die Lade schon machte ihn verborgen! (Ex. 25,17.18.21). Es ist deshalb offenkundiger Wahn, wenn man versucht, Bilder Gottes oder der Heiligen mit dem Beispiel dieser Cherubim zu verteidigen. Was bedeuteten denn in aller Welt diese Bilder anders, als daß Bilder untüchtig seien, die Geheimnisse Gottes darzustellen? Sie waren doch dazu bestimmt, mit ihren Flügeln den „Gnadenstuhl“ zu verhüllen, auf diese Weise den menschlichen Augen und allen Sinnen den Anblick Gottes zu verwehren und so aller Verwegenheit sich entgegenzustellen! Und wenn die Propheten die ihnen in ihren Gesichten gezeigten Seraphim mit verhülltem Angesicht darstellen (Jes. 6,2), so zeigen sie dadurch an, daß der Glanz der göttlichen Herrlichkeit so stark ist, daß ihn auch die Engel nicht unmittelbar anzuschauen vermögen, und daß selbst die zarten Fünkchen, die an den Engeln erstrahlen, unserem Auge entzogen werden müssen. Außerdem wird von allen, die recht urteilen, anerkannt, daß die Cherubim, von denen hier die Rede ist, zur da­maligen Erziehung unter dem Gesetz gehören. Deshalb ist es widersinnig, sie als Beweis für unsere Zeit anführen zu wollen. Denn das kindliche Zeitalter — wenn ich mich so ausdrücken darf —, dem solche Anfangsgründe zugewiesen waren, ist vergangen! Es ist wirklich beschämend, daß weltliche Schriftsteller bessere Ausleger des Gesetzes Gottes sind als die Papisten. So wirft Juvenal den Juden höhnisch vor, sie verehrten leere Wolken und des Himmels Gottheit. Das ist gewiß verkehrt und gottlos geredet, aber es liegt, da Juvenal die Existenz eines Götterbildes bei den Juden bestreitet, immerhin mehr Wahrheit darin als in dem Gerede der Papisten, es sei irgendein sichtbares Abbild Gottes vorhanden gewesen! Nun ist freilich das Volk oft genug so hitzig und schnell dazu übergegangen, sich Götzen zu verschaffen, wie wenn aus einer großen Quelle das Wasser mit gewaltiger Wucht hervorbricht. Aber daraus sollen wir doch vielmehr lernen, wie groß unser angeborener Hang zum Götzendienst ist, damit wir nicht die Schuld für ein allgemeines Verderben auf die Juden schieben und selbst in todbringendem Schlaf den eitlen Lockungen der Sünde erliegen!

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This entry was posted on Montag, November 9th, 2009 at 01:00 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 11, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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