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Zusammenfassung

  1. Zeugnis des menschlichen Unvermögens:
    1. Johannes der Täufer und Moses
    2. Jesus Christus selbst
    3. Apostel Paulus (am deutlichsten von allen)

Text

 

Wären wir wirklich überzeugt, daß unserer Natur das abgeht, was der himm­lische Vater seinen Auserwählten durch den Geist der Wiedergeburt zuteil werden läßt, — und das steht doch außer Zweifel! — so wäre hier gar kein Anlaß zu irgend­welchen Bedenken. Denn das gläubige Volk spricht bei dem Propheten: „Du bist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht!“ (Ps. 36,10). Dasselbe bezeugt der Apostel mit den Worten: „Niemand kann Christum einen Herrn heißen ohne im Heiligen Geist“ (1. Kor. 12,3). Und als Johannes der Täufer die Stumpf­heit seiner Jünger sieht, da ruft er aus: „Niemand kann etwas nehmen, es werde ihm denn von oben herab gegeben“ (Joh. 3,27). Dabei versteht er unter der „Gabe“ die besondere Erleuchtung und nicht etwa die allgemeine Begabung; denn er klagt ja, daß er mit all seinen Worten, in denen er seinen Jüngern Christus gerühmt, nichts erreicht habe. „Ich sehe“, so will er sagen, „daß Worte nicht ausreichen, um Menschenherzen über göttliche Dinge zu belehren, wenn nicht zuvor der Herr durch seinen Geist Verstand gegeben hat.“ Sogar Mose, der dem Volk seine Gleichgültig­keit zum Vorwurf macht, bemerkt doch zugleich, es könne in den Geheimnissen Gottes zu keinerlei Weisheit gelangen ohne sein besonderes Geschenk. „Deine Augen haben die großen Zeichen und Wunder gesehen, aber der Herr hat euch bis auf diesen heu­tigen Tag noch nicht gegeben ein Herz, das verständig sei, Ohren, die da hören, und Augen, die da sehen“ (Deut. 29,2f.). Wäre es noch ein schärferer Ausdruck, wenn er uns der Betrachtung der Werke Gottes gegenüber als Klötze bezeichnen würde? Daher verheißt der Herr auch durch den Propheten als besondere Gnade, er werde den Israeliten ein Herz geben, um von ihnen erkannt zu werden! (Jer. 24,7). Da­mit deutet er recht fein an: der Menschengeist hat genau soviel geistliches Verständ­nis, wie er zuvor von ihm erleuchtet ist! Das bestätigt auch Christus mit eigenem Wort ganz klar: „Niemand kann zu mir kommen, es werde ihm denn gegeben von meinem Vater“ (Joh. 6,44). Wieso? Ist er denn nicht selbst das lebendige Ebenbild des Vaters, in dem uns der ganze Glanz seiner Herrlichkeit entgegentritt? Ebendeshalb konnte er gar nicht besser darlegen, wie unsere Fähigkeit zur Gotteserkenntnis beschaffen ist, als dadurch, daß er uns die Augen abspricht, um dieses Ebenbild Gottes zu erkennen, wo es uns doch so klar vor Augen gestellt wird! Wie — ist er denn nicht dazu zur Erde gekommen, daß er des Vaters Willen den Menschen offen­bare? Und hat er nicht dieses Werk seiner Sendung treu vollbracht? So ist es ge­wiß; aber seine Predigt bewirkt nichts, wenn ihm nicht der Geist als innerer Lehr­meister den Weg zu den Herzen bahnt. Und deshalb kommen nur die zu ihm, die es vom Vater hören und von ihm dazu gelehrt sind. Wie geht aber solches Lernen und Hören zu? Eben so, daß der Geist in wundersamer und einzigartiger Kraft Ohren zum Hören und einen Sinn zum Verstehen schafft! Und damit das nicht als etwas Neues erscheine, führt der Herr dabei (Joh. 6,45) die Weissagung des Jesaja an: der verheißt die Auferbauung der Kirche und lehrt dabei, daß die, welche zum Heil gerufen werden, Gottes Schüler sein sollen (Jes. 54,13). Wenn also Gott an dieser Stelle etwas Besonderes von seinen Auserwählten aussagt, so spricht er offenkun­dig nicht von jener Unterweisung, die zugleich auch den Unfrommen und Ungläubi­gen eigen ist. Wir müssen also erkennen: nur dem steht der Eingang in Gottes Reich offen, dem der Heilige Geist durch seine Erleuchtung einen neuen Sinn ge­geben hat. So bezeugt es am klarsten der Apostel Paulus; er verwirft zunächst alle menschliche Weisheit und erklärt sie für Torheit und Eitelkeit; dann läßt er sich absichtlich auf die obengenannte Fragestellung ein und kommt zu dem Ergebnis: „Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes, es ist ihm eine Torheit und kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich beurteilt werden“ (1. Kor. 2,14). Wen nennt er hier „natürlicher Mensch“? Doch offenbar den, der sich auf das Licht der Natur verläßt. Und der, sage ich, begreift nichts von den geistlichen Geheim­nissen Gottes! Wieso das? Unterläßt er es aus Bequemlichkeit? Nein, er vermag auch nichts, wenn er sich noch so anstrengt, denn es will eben geistlich beurteilt sein. Und was bedeutet das? Diese Dinge sind der menschlichen Einsicht gänzlich verborgen und werden also nur durch die Offenbarung des Geistes zugänglich, und deshalb gel­ten sie notwendig als Torheit, wo die Erleuchtung durch den Geist Gottes fehlt. Kurz vor dieser Stelle hatte Paulus gezeigt, wie das, was Gott „denen bereitet hat, die ihn lieben“, über alle Fassungskraft der Augen, Ohren und Sinne hinausgeht. Ja, er hatte bezeugt, die menschliche Weisheit sei geradezu ein Vorhang, der den Menschengeist hindere, Gott zu schauen! Was wollen wir mehr? Der Apostel sagt, Gott habe die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht (1. Kor. 1,20) — und wir wollen ihr einen Scharfsinn beimessen, mit dem sie zu Gott und den unzugänglichen Geheimnissen des Himmelreichs durchzudringen vermöchte? Solcher Wahnwitz sei ferne von uns!

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This entry was posted on Freitag, Januar 6th, 2012 at 01:00 and is filed under Buch 2, Buch 2 Kapitel 02, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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