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Zusammenfassung

  1. wir können nicht Unwissenheit als Entschuldigung angeben, dass wir die Beweise über Gottes Natur nicht folgen konnten, wenn selbst stumme und irrationale Geschöpfe von Gottes Herrlichkeit sprechen
  2. solche Unterweisung ist nicht ausreichend, da wir durch den schwachen Geschmack der Gottheit dazu geführt werden, Traumbilder oder eigene Hirngespinste zu verehren und den wahren Gott um seine Ehre bringen, die wir ihm schuld sind.

Text

Obgleich wir nun von Natur nicht die Fähigkeit haben, zur reinen und lauteren Erkenntnis Gottes zu gelangen, so ist dies Unvermögen doch unser eigener Fehler, und deshalb ist uns alle Entschuldigung abgeschnitten, wir können nicht Unwissen­heit vorschützen; denn unser Gewissen selbst überführt uns stets unserer Trägheit und Undankbarkeit. Das wäre wahrlich eine feine Entschuldigung, wenn der Mensch behaupten wollte, ihm fehlte das Ohr, um die Wahrheit zu vernehmen — welche doch die stumme Kreatur mit mehr denn helltönenden Stimmen verkündet, wenn er einwenden wollte, er könne nicht mit Augen sehen — was doch alle Kreatur, ohne selbst sehen zu können, so deutlich zeigt, wenn er sich mit Schwachheit seines Geistes entschuldigen wollte, wo alle vernunftlosen Geschöpfe als Lehrer auftreten! Wir haben wirklich nicht das mindeste Recht zur Entschuldigung, wenn wir irrend und schweifend das Ziel verfehlen — wo doch alles den rechten Weg zeigt! Freilich, so sehr es Schuld des Menschen ist, wenn er das Samenkorn des Wissens um Gott, wie es durch den wundersamen Bau der Natur in ihm gesät ist, so bald verdirbt, daß es nicht zu rechter und lauterer Frucht kommen kann, so ist es doch auch andererseits richtig, daß wir durch jene bloße und schlichte Bezeugung, welche Gottes Majestät von Seiten der Kreatur so reichlich erfährt, niemals ausreichend unterwiesen werden. Denn kaum haben wir aus der Betrachtung der Welt einigermaßen ein Empfinden für die Gottheit erlangt, da verlassen wir den wahren Gott und setzen an seine Statt die Träume und Gespinste unseres eigenen Hirns und leiten das Lob der Ge­rechtigkeit, Weisheit, Güte und Macht von der eigentlichen Quelle ab — bald dahin, bald dorthin! Alle Tage tut Gott sein Werk — aber wir verdunkeln oder verdrehen es durch unbilliges Urteil und rauben so dem Werk seine Ehre und dem Wirker den gebührenden Lobpreis.

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This entry was posted on Freitag, Oktober 9th, 2009 at 20:00 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 05, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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